Montag, 23. Oktober 2017

Grenzfrage

Die aktuelle metoo-Debatte wirft mir eine Frage auf, die ich hier zum Thema machen möchte. Ja, nur eine einzige Frage, und ich will mich hier nicht zur Gesamtthematik auslassen (das tun viele andere schon und vermutlich besser als ich), sondern meine persönliche Perspektive schärfen. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Frage ist diese: Wo liegt für mich die Grenze, bei der Belästigung beginnt?

Nachdem ich etliche Beiträge und Artikel zur aktuellen Debatte gelesen und auch mit einigen Menschen darüber diskutiert habe, will ich hier keine Liste dessen erstellen, was für mich jenseits der Grenze liegt. Mich interessiert die Grenze selbst, quasi der Bereich der Grauzone. Und mich interessiert auch nicht irgendeine theoretische oder verallgemeinerbare Grenze, sondern meine - die einzige, über die ich überhaupt etwas mit Gewissheit sagen kann.

Ich will das hier an einem Beispiel bearbeiten:

Neulich hat mich ein Mann in der Kirche angesprochen - eigentlich ganz nett und höflich. Was mir aber total unangenehm war, war die Tatsache, dass er mich geduzt hat. In diesem Moment war das für mich eine klare Grenzüberschreitung.
Anschließend war ich selbst überrascht davon, dass mir das so unangenehm war. Ich bin normalerweise jemand, der gerne duzt und geduzt wird. Also habe ich versucht, die Situation etwas genauer zu analysieren.

Ich glaube im Nachhinein, dass in der beschriebenen Situation mehrere Faktoren zusammen kamen, die für mich vor allem durch ihre Kombination eine Grenzüberschreitung bedeuten.
(1) Der Mann hat im Gespräch emotionale Nähe und argumentative Unterstützung erwartet bzw. eingefordert, die ich ihm nicht geben konnte. Emotionale Nähe nicht, weil er mir unsympathisch war, und argumentative Unterstützung nicht, weil ich ihm inhaltlich nicht zustimmen konnte.
(2) Als Ordensschwester fühle ich mich oft quasi verpflichtet, zu allen nett zu sein und allen Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, ganz egal, ob mir persönlich das gerade in den Kram passt oder nicht.
(3) Ich lege Wert auf gewisse Formen von Höflichkeit; dazu gehört auch, dass ich das Duzen unter Gleichaltrigen normalerweise ok finde, nicht aber, wenn ein größerer Altersabstand vorhanden ist. Der Mann war deutlich älter als ich. In diesem Fall sendet das Duzen mir zwei mögliche Signale: (a) emotionale Nähe - und die wollte ich nicht, siehe Punkt (1), oder (b) eine Form von persönlicher Hierarchie, bei der der Geduzte quasi als Kind behandelt wird.

Im beschriebenen Fall bin ich mit meiner Reaktion ausnahmsweise zufrieden: Ich habe dem Mann höflich, aber deutlich gesagt, dass ich nicht von ihm geduzt werden möchte. Er war zwar offensichtlich enttäuscht, hat es aber anstandslos akzeptiert und mich im weiteren Verlauf des Gesprächs wieder gesiezt.

Trotzdem blieb mir nach der Begegnung ein schaler Nachgeschmack.

Ich merke, dass meine Grenze von mehreren Faktoren abhängig ist, und dass es mich normalerweise nicht stört, wenn nur einer davon auftritt. Kommen aber mehrere solcher Faktoren zusammen, ist die Grenze schneller überschritten, und ich kann es nicht an einer einzelnen Handlung oder Aussage festmachen, weil diese Handlung oder Aussage isoliert für mich möglicherweise gar keine Grenzüberschreitung darstellen würde. Ich merke auch, dass die Frage von Nähe und Distanz essentiell für die Diskussion um Belästigung ist. Das gilt im übrigen für physische Nähe und Distanz genauso wie für emotionale oder intellektuelle. Ich finde es oft leichter, mich gegen körperliche Aufdringlichkeit zur Wehr zu setzen als gegen emotionale. Leicht ist es aber auf keinen Fall, denn es gibt dabei aus meiner Perspektive ein großes Problem: Nicht jeder Mensch verfügt über ein entsprechend gutes und feines Sensorium, um bei jedem Gegenüber sofort zu merken, wann er sich in Grenznähe befindet. Manche Menschen haben leider kein Gespür für persönliche Distanz. Das an sich kann ich ihnen nicht vorwerfen, denn dafür können sie vermutlich nichts. Trotzdem fühle ich mich von ihnen schnell belästigt und vermeide die Begegnung.

Aus all diesen Überlegungen und aus der gesamten metoo-Debatte lerne ich - bei aller Unsicherheit, die bleibt - vor allem dies: Ich muss lernen, meine eigenen Grenzen zu erkennen, und sie hüten, nötigenfalls auch einfordern. Ob das meinem Gegenüber in den Kram passt oder nicht. Und ich muss die Grenzen anderer Menschen genauso respektieren und hüten, sobald ich sie erkenne. Ob mir das in den Kram passt oder nicht.

Donnerstag, 29. Juni 2017

Für alle oder für viele?


In den letzten Tagen hat mich diese Frage vermehrt beschäftigt im Blick auf die morgige Abstimmung über die "Ehe für alle". Und weil es dazu in meinem Kopf und in meinem Herzen ziemlich rund geht, habe ich mich entschieden, Kopf und Herz in einen Blogpost zu kippen und zu hoffen, dass das mir und vielleicht auch noch ein paar anderen Menschen etwas bringt.

Bevor ich loslege, möchte ich aber noch eines klarstellen: Was ich hier schreibe, sind meine persönlichen Gedanken. Ich schreibe hier weder im Namen meiner Gemeinschaft noch im Namen der Kirche. Ich schreibe hier noch nicht einmal als Theologin (auch, wenn ich das natürlich bin), sondern in erster Linie als Mensch, der dabei ist, sich eine Meinung zu bilden. Ich bin in diesem Prozess noch nicht am Ende angelangt, und werde vermutlich auch noch ein Leben lang brauchen, um diesen großen Fragen nachzugehen. Wer meint, in dem, was jetzt folgt, irgendwelche Tendenzen zu erkennen, den kann ich daran nicht hindern, aber dem möchte ich auch sagen, dass das weder meiner Absicht noch meinem momentanen Empfinden entspricht.

Hier kommt jetzt also - vermutlich ziemlich unsortiert - das, was mich zum Thema gleichgeschlechtliche Ehe und Partnerschaft bewegt:

  1. Ich finde es unheimlich schwer, nur in der Theorie über Homosexualität oder homosexuelle Menschen zu sprechen. Ich habe zu viele Freunde, enge wie weniger enge, die homosexuell sind, und von denen ich weiß, dass ihnen keine Theorie gerecht wird. Ich denke, das wird ähnlich sein wie beim Reden über das Ordensleben oder die Ordensleute: wenn jemand schlecht über z.B. den Zölibat spricht, bin damit zwar nicht ich persönlich gemeint, aber nachdem ich ihn persönlich lebe, betrifft es mich dann eben doch auf eine gewisse Weise persönlich.
    Bei all meinen Überlegungen geht es mir weniger um Theorien als um konkrete Menschen und ihr Leben. Das mag jetzt vielleicht manchen zu nachgiebig oder wissenschaftlich zu unsauber erscheinen, ist aber die einzige Möglichkeit für mich, mich diesem Thema zu nähern. Auch ich kann nicht aus meiner menschlichen Haut.
  2. Ich glaube fest, dass Gottes Plan für jeden Menschen eine Form von Keuschheit einschließt. Das ist in manchen Fällen (z.B. meinem...) die Form des Zölibats, oder um es mit einem sehr viel schöneren und poetischeren Begriff zu sagen, die Form der jungfräulichen Keuschheit. Für viele andere ist es die eheliche Keuschheit, also eine Form der Keuschheit, die weniger mit Enthaltsamkeit und viel mehr mit ganzer Hingabe zu tun hat.
    Damit ich mir selbst und meinen Mitmenschen gerecht werden kann, brauche ich die Keuschheit, denn nur in ihr kann ich mich selbst und meine Mitmenschen als die sehen, die Gott erschaffen hat, und die Liebe als Erfüllung des Plans Gottes für jeden von uns sehen und leben. (Wer zu diesem Thema mehr wissen möchte, dem empfehle ich die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. - es gibt dazu vieles im Netz und außerdem sehr gute Bücher, besonders hervorheben und empfehlen möchte ich hier die Theologie des Leibes für Anfänger von Christopher West.)
    Unter Keuschheit verstehe ich den Teil der Liebe, der vollkommen selbstlos ist und der kein Eigeninteresse vertritt, sondern nur das große Ganze und den Anderen sieht. Keuschheit will keine schnelle Befriedigung, sondern sucht das wahre Glück. Keuschheit heißt auch Treue, Ganzhingabe, vollkommenes Vertrauen und Sich-Anvertrauen. Wer keusch in einer Beziehung lebt, lebt diese Beziehung nicht auf Zeit, sondern auf Ewigkeit, und ist offen für alles, was diese Beziehung mit sich bringt, Gutes wie Schlimmes, Leid oder Glück. Keuschheit ist ein bedingungsloses Ja an Gott und an den Plan, den er für mich hat.
  3. Die sakramentale Ehe gibt es nur zwischen Mann und Frau, genauso wie es sie auch nur zwischen Getauften gibt. Die sakramentale Ehe ist zum Wohl der Gatten und für Kinder offen.
  4.  Ich bin zwar keine Verfechterin der strengen Trennung von Staat und Kirche, finde aber trotzdem, dass die beiden durchaus unterschiedliche Meinungen und Standpunkte vertreten dürfen. Aufgabe des Staates ist es unter anderem, dafür zu sorgen, dass unter seinen Bürgern eine gewisse Form von Gerechtigkeit herrscht. Wie weit er in moralischen Fragen auf die Kirche hören muss oder soll, bleibt immer Verhandlungssache. Hier ist es die Pflicht der Kirche, sich in die Diskussion einzuschalten, und die Pflicht eines jeden Christen, bei Bedarf Stellung zu beziehen.
  5. Ich finde es scheinheilig, wenn wir als Kirche uns über die Frage der Ehe zwischen Homosexuellen furchtbar aufregen, solange unser Hauptargument dabei ist, dass Kinder immer ein Recht auf Eltern beiderlei Geschlecht haben, und dass zwei Männer oder zwei Frauen nun mal biologisch keine gemeinsamen Kinder zeugen können. Wenn ich mit dem Wohl der Kinder argumentiere, muss ich mich genauso gegen Alleinerziehende wehren, gegen Patchworkfamilien (in denen zwar vielleicht beide Geschlechter gegeben sind, aber dafür die Stabilität fehlt), gegen Scheidung, und gegen Eltern, die ihr Kinder sowieso vom ersten Lebensjahr an kaum sehen, weil die Eltern arbeiten und die Kinder ihre wachen Stunden in Krippe, Kita, Hort und sonstigen Betreuungsangeboten verbringen.
  6. Es gibt keine Wahlfreiheit, wenn es um sexuelle Orientierung geht. Genauso wenig, wie ich als heterosexueller Mensch entscheiden kann, dass ich jetzt homosexuell sein möchte (oder bi oder was auch sonst immer), kann das ein homosexueller Mensch entscheiden. Warum Gott den einen Menschen so, den anderen anders erschaffen hat (oder zumindest zugelassen hat, dass er sich so entwickelt, ohne dass der Mensch selbst darin frei entscheiden konnte), weiß ich nicht. Sollte ich eines Tages Gott gegenüber stehen, könnte es passieren, dass ich ihn das frage. Aber vielleicht wird das dann auch nicht mehr nötig sein.
  7. Ich finde, wir brauchen in der Gesellschaft eine neue Diskussionskultur. Ich will nicht als homophob abgestempelt werden, nur weil ich nicht gedankenlos die Regenbogenfahne schwenke. Ich möchte gehört werden mit meinen Fragen und Bedenken, und ich möchte wirklich diskutieren können, auch, wenn manche Thesen dabei vielleicht nicht für alle angenehm sind. Ich finde es auch nicht schön, wenn mir Menschen sagen, dass sie mein Leben für unnatürlich halten, weil ich ja anscheinend meine Sexualität unterdrücke oder verdränge, aber ich halte das aus und bin in der Regel bereit, darüber zu reden, solange ich dabei eine Chance sehe, dass die Schublade, in die ich gerade gesteckt wurde, verhandelbar ist. Ich finde die momentan herrschende Kultur der Tabuisierung bestimmer Meinungen höchst problematisch, weil sie eben keine echte Diskussion mehr zulässt und damit auch keine wirklich durchdachte und informierte Meinungsbildung.
  8. Ich finde außerdem, dass wir sowohl in Kirche wie auch in der politischen Gesellschaft den Ehebegriff klären müssen. Wenn Ehe begrifflich beschränkt ist auf lebenslang und zwischen Mann und Frau, dann kann es keine Ehe für homosexuelle Paare geben, und dann kann es auch keine Scheidung geben. Das entspräche dann - verkürzt gesagt - in etwa dem kirchlichen Eheverständnis. Wenn Ehe beschränkt ist auf im Idealfall lebenslang und zwischen zwei mündigen Menschen, dann landen wir eher bei dem, was im Augenblick politisch diskutiert wird. Die Frage, ob es zulässig ist, dass der Staat den gleichen Begriff verwendet wie die Kirche, und dabei möglicherweise etwas anderes meint, kann und will ich nicht entscheiden. Ich kann nur soviel sagen: Das ist schon länger der Fall. Würden wir vom genau Gleichen reden, würde sich die Frage erübrigen, warum die Kirche staatliche Eheschließungen nicht zwingend anerkennt.
  9. Ich halte es für richtig, wenn sich das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare vereinfacht. Ein Kind hat das Recht auf Stabilität und Sicherheit, und dazu gehört auch, dass es bei der nächsten Bezugsperson aufwachsen darf, sollte der ersten etwas zustoßen, ganz egal, welchen Geschlechts diese Bezugsperson ist. Ich halte Stabilität in Grundbeziehungen für ein Kind für sehr viel wichtiger als die Frage, ob homosexuelle Beziehungen nun richtig oder falsch sind. Das Argument, dass die beiden ja biologisch keine Eltern werden könnten, und damit auch keinen Anspruch auf ein gemeinsames Kind haben, halte ich für schwach: Genügend heterosexuelle Paare können biologisch keine Kinder bekommen, und einen Anspruch auf Kinder hat sowieso überhaupt gar niemand. Den einzigen Anspruch, den ich für richtig und wichtig halte, ist der des Kindes. Dieser Anspruch besteht auf Stabilität und ja, auch auf enge Bezugspersonen beiderlei Geschlechts. Aber wenn die Alternative zu einem homosexuellen Paar wechselnde Pflegefamilien oder Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen sind (egal, wie gut diese sind), glaube ich tatsächlich, dass ein stabiles homosexuelles Elternpaar die bessere Lösung sein kann.
    Ach ja, bevor mich jetzt jemand steinigt: Ich kann diese Überzeugung nicht wissenschaftlich untermauern, einfach deshalb, weil ich mich wissenschaftlich damit nicht ausreichend beschäftigt habe. Meine Quellen dafür liegen in der Erfahrung: In der Erfahrung mit homosexuellen Freunden und ihren Kindern, und in meiner eigenen Erfahrung, was es heißt, in einer Scheidungs- und Patchworkfamilie aufgewachsen zu sein.
  10. Ich glaube, dass es keine idealen Eltern gibt. Jeder Mensch erfährt in seiner Kindheit und Jugend Verletzungen, an denen er schwer zu tragen hat, und die ihn oft bis ins Alter begleiten. Aber es gibt bestimmte Bedingungen, die zwingend schwere Verletzungen verursachen, die einen Menschen definitiv ein Leben lang begleiten und behindern. Dazu gehört unter anderem der Mangel eines verlässlichen Familienumfelds. Ob dazu auch der Mangel eines verschiedengeschlechtlichen Elternhauses gehört, scheint mir bisher offen. Die Studien, die ich dazu gelesen habe, sind sich nicht einig, und auch die Erfahrungsberichte derer, die bei homosexuellen Paaren aufgewachsen sind, sind sehr unterschiedlich.
  11. Wenn ich Menschen nicht widerspreche und ins Gewissen rede, die sich durch die Gegend schlafen, weiß ich nicht, mit welchem Recht ich über die urteilen sollte, die homosexuell sind und das auch leben wollen. Ich glaube nicht, dass es an mir ist, zu beurteilen, welche Sünde die größere ist. Falls überhaupt eine Sünde die größere ist, dann vermutlich meine eigene - ganz gleich, welche. Sollte ich allerdings gefragt werden, was die Kirche dazu sagt, oder auch, was ich persönlich dazu meine, dann sage ich das. In aller Liebe, aber auch in aller Klarheit. Und das gilt nicht nur für Homosexualität.
  12. Ich muss trennen zwischen den Taten eines Menschen und der Person. Egal, was ein Mensch tut, ich muss ihn lieben, ich muss ihn respektieren, ich muss ihn als Ebenbild Gottes und mein Mitgeschöpf und Bruder oder Schwester sehen, denn das ist er. Diese Liebe muss immer an erster Stelle stehen. Bedingungslos und ausnahmslos immer.

Montag, 12. Juni 2017

Früher war alles besser (2)

Und wieder einmal habe ich hübschen alten Vandalismus entdeckt, diesmal in Stein.


(Sorry, die Qualität ist diesmal nicht der Hit. Es war halt schon Nacht, und der Stein reflektiert leider den Blitz etwas.)

Freitag, 9. Juni 2017

Der schnöde Mammon

Es erstaunt mich doch immer wieder, dass es Menschen gibt, die glauben, dass ich prinzipiell umsonst arbeite.

Ja, ehrlich gesagt bin ich bei vielem gerne bereit, etwas kostenlos zur Verfügung zu stellen, wenn es einem guten Zweck dient. Aber wenn mit dem, was ich zur Verfügung stelle, Geld verdient wird, stelle ich schon Fragen. (Ganz nebenbei bemerkt ist das für mich auch eine Frage des Ethos: Wenn andere darauf angewiesen sind, dass sie Geld für die gleiche Arbeit bekommen, dann muss ich schon alleine aus Solidarität mit diesen Menschen etwas für meine Arbeit verlangen.) Ich will nicht, dass meine Auftraggeber denken, dass sie gute Qualität umsonst bekommen können, nur weil ich im Orden bin. Besonders nett sind solche Sachen übrigens dann, wenn mein Gegenüber beleidigt (sic!) ist, weil ich ein Honorar anfrage...

Ordensmenschen leben oftmals von der Vorsehung, das ist wahr. Aber entgegen einer erstaunlich weit verbreiteten Meinung leben wir nicht von der Kirchensteuer. Wir müssen unserern Unterhalt selbst bestreiten, und dazu gehört auch, dass wir einen Anspruch auf Lohn haben, wenn wir für andere arbeiten. Gelegentlich finde ich zwar Lohn in Form von Naturalien durchaus akzeptabel, aber nachdem das heutzutage nicht die gängige Handelsform ist, ist Geld auch ok - ja, ich weiß, das ist vermutlich etwas unfranziskanisch, wenn ich das so sage, aber da hat sich die Welt tatsächlich ein bisschen verändert seit dem 13. Jahrhundert.

Immer wieder höre ich von Musikern, die sich darüber ärgern, dass Auftraggeber von ihnen erwarten, dass sie kostenlos spielen sollen, weil sie dafür doch so schöne Publicity bekämen. Nun, ich kann ihren Ärger sehr gut verstehen, denn wenn es nicht gerade um Musik geht, wissen die meisten Menschen sehr gut, dass man Qualität nicht gratis bekommt. Kaum ein Caterer wird Essen kochen ohne Bezahlung, weil ihm die Publicity reicht, und von ihm erwarten darf man das schon gar nicht. Tja, mir scheint, neben Musikern scheinen Ordensleute da noch eine weiter absurde Plattform zu bieten.

Geld ist für mich tatsächlich eigentlich kein wichtiger Fokus. Aber wenn ich als billige Arbeitskraft benutzt werde, stimmt da etwas ganz grundsätzlich nicht. Gerechtigkeit heißt für mich u.a., dass gleiche Arbeit gleichen Lohn verdient (und das gilt eben nicht nur für den Gender-Pay-Gap). Ich will nicht daran Schuld sein, dass Autoren, Musiker etc. für einen Hungerlohn arbeiten müssen, weil Menschen wie ich es sich leisten können, auf ein Honorar zu verzichten. Franziskanische Armut heißt hier eben auch, solidarisch zu leben, und wenn es um gerechte Bezahlung geht, reicht es nicht, darüber nur zu reden.

Ich vermute, dass es zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen gibt - daher habe ich eine Bitte: Wenn ihr meinen Beitrag kommentieren möchtet, finde ich das super, aber bitte bleibt so sachlich und höflich wie möglich! Danke! :)

Donnerstag, 13. April 2017

Das ist heute

"Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist da; bei dir will ich mit meinen Jüngern das Paschamahl feiern." (Mt 26,18)

Was, wenn Jesus das zu mir sagt? Was, wenn er heute bei mir das Paschamahl feiern will?

Heute feiert Jesus in mir das letzte Abendmahl: in mir ist Festtagsstimmung und gleichzeitig Angst vor dem, was kommen wird. In mir brodelt es im Untergrund, aber nach außen ist noch alles ruhig. Der Johannes in mir lehnt sich zurück an Jesu Brust und genießt die Vertrautheit und die Nähe, das Gefühl, bei ihm daheim zu sein. Mein innerer Petrus ist einerseits bereit, für Jesus zu sterben, und andererseits schon fast dabei, ihn zu verleugnen. Die Füße waschen will er sich schon gar nicht lassen, dabei wäre das es, was er braucht. Mein innerer Petrus ist heute sehr aktiv - innerlich zerrissen, voller Liebe und Hingabe für Jesus und gleichzeitig unglaublich schwach und hilflos. Und mein innerer Judas will nicht wahrhaben, dass es ihn überhaupt gibt, aber trotzdem kann er nicht aus seiner Haut - das Böse lebt auch in mir und lässt sich nicht einfach unterdrücken. Ich hoffe nur, dass Jesus auch meinen inneren Judas erlöst, wenn es soweit ist. In mir wechseln sich Angst und Hoffnung ab, Vorfreude und Verzweiflung.

Und dann ist da Jesus. ... in der Nacht, da er verraten wurde - das ist heute -, nahm er das Brot und sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach: "Nehmet und esset alle davon: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird."

Das ist heute.
Heute verschenkt sich Jesus ganz, heute gibt er sich mir ganz hin, heute lebt er für mich, stirbt für mich, wird für mich auferstehen. Heute.

Montag, 3. April 2017

Früher war alles besser

Sogar Vandalismus hatte früher noch Stil.


So gefunden in einer Kirchenbank - solche Schönschrift sollten heutige Bankverkratzer erst mal hinbekommen. ;)

Sonntag, 12. März 2017

Ikonenmalerei

Eine Woche lang habe ich gemalt*. Eine Woche lang ist mir Gott entgegengekommen und hat mich täglich berührt. Eine Woche lang hat er in mir gemalt.

Eine Woche lang möchte ich euch daran teilhaben lassen.


*Ja, ich weiß, dass es Menschen gibt, die darauf bestehen, dass man Ikonen schreibt. Ich gehöre nicht dazu, und schon gar nicht zu denen, die militant meinen, dass nur das eine Wort richtig sei. Wenn ich von der griechischen Tradition ausgehe, steht da das Wort γραφειν - was im Deutschen sowohl schreiben als auch malen heißt, denn das Griechische kennt kein eigenes weiteres Wort für das jeweils andere. Und in der Russischen Tradition steht писать ebenfalls sowohl für schreiben als auch malen. Und ich habe mich eben für malen entschieden, weil das meiner Erfahrung eher entspricht.