Man muss sich doch schon wirklich fragen, was hinter der Entscheidung der Bischöfe von Augsburg und Speyer (und möglicherweise demnächst von noch anderen deutschen Diözesen) steckt.
Als Mitarbeiterin der katholischen Kirche komme ich erfreulicherweise immer wieder in Kontakt mit Beratungseinrichtungen, u.a. im letzten Jahr mit der Caritas und dem Projekt 1000plus. Von beiden Beratungseinrichtungen hatten wir Vertreter zu Besuch, die uns jeweils ihre Arbeit vorstellten. Schon damals (lange vor dem aktuellen Streitfall) ging ich mit zwei besonders eindrücklichen Impressionen nach Hause: Zum Einen war mir bei den beiden Vorträgen und der anschließenden Diskussion bewusst geworden, dass Caritas und 1000plus in keiner Konkurrenz stehen, die aus der Art ihrer Arbeit hervorgehen könnte: die Caritas bietet ein persönliches Beratungsangebot vor Ort an, wohingegen 1000plus in Internetforen aktiv ist, und die Beratung v.a. übers Internet und Telefon stattfindet. Beide Einrichtungen sprechen also über gänzlich verschiedene Wege (das gilt auch für das Internetangebot der Caritas - während 1000plus proaktiv Foren nach Schwangerschaftskonfliktfällen durchsucht, ist das Angebot der Caritas eine statische Seite, über die man in Kontakt mit dem Beraterteam der Caritas kommen kann) Frauen an, die Hilfe suchen. Ich hatte nie das Gefühl, dass eine der beiden Beratungseinrichtungen die andere obsolet machen könnte, da es sich meines Erachtens um unterschiedliche Angebote mit unterschiedlichen Methoden und möglicherweise sogar unterschiedlichen Zielgruppen handelt.
Der zweite Eindruck, mit dem ich nach Hause ging, machte mich schon damals sehr nachdenklich: Besonders während der Rückfrage- und Diskussionszeit schien sich der Vertreter der Caritas bedroht zu fühlen und schlug mehrmals verbal nach dem Vertreter von 1000plus.
Nachdem jetzt vor kurzem die beiden Diözesen Augsburg und Speyer ihren Mitarbeitern untersagt haben, 1000plus zu unterstützen oder dem Projekt auch nur eine Plattform zu bieten, habe ich mich ausgiebiger mit diesem Thema beschäftigt.
Interessanterweise ist es mit bisher nicht gelungen, die originalen Mitteilungen der beiden Diözesen im Internet zu finden; nur als Zitat kann ich sie in der ausführlichen Stellungnahme von 1000plus entdecken. Diese Stellungnahme bestätigt mir mit erschreckender Deutlichkeit, was ich schon bei oben genannter Begegnung empfand: die Caritas scheint sich von 1000plus massiv bedroht zu fühlen (auch, wenn es mir immer noch nicht einleuchtet, warum) und versucht, diese vermeintliche Konkurrenz vom Markt zu drücken. Tragisch, dass eine katholische Beratungseinrichtung, die so ein gutes Standing in Deutschland und auch weltweit hat, solch ein kindisches, kleinliches und meines Erachtens auch unchristliches Vorgehen nötig hat.
Noch viel tragischer scheint es mir aber, dass sich Bischöfe soweit beeinflussen lassen, dass sie dazu bereit sind, ihre Macht zu nutzen, um einer Einrichtung, die sich für grund-katholische Werte wie den bedingungslosen Schutz des Lebens einsetzt, die Grundlage jeglicher Werbemöglichkeiten zu entziehen.
Das Argument, dass Gläubige bereits über die Kirchensteuer genügend für den Lebensschutz tun, scheint mir völlig absurd - kein Gläubiger überlegt sich doch, ob er lieber Kirchensteuer zahlt, oder stattdessen was spendet. Wer für 1000plus spendet, nimmt der Caritas nichts, aber auch gar nichts weg, weder Geld noch Kundschaft noch Ansehen. Dass sich ein Bischof soweit blenden lässt, dass er ein moralisch mehr als fragwürdiges Verbot ausspricht, ist schlimm. Dass ein Bischof aber aktiv gegen eine Einrichtung vorgeht, die sich als einziges Ziel den Schutz des Lebens von ungeborenen Kindern und ihren Müttern setzt, ist grundlegend falsch.
Die Kirche hat solange nicht genug für den Schutz des Lebens getan, wie auch nur ein einziger Mensch zu viel durch die Entscheidung und die Hand eines Anderen sterben muss. Ich hoffe und bete sehr, dass sich die Bischöfe bekehren!
Wer in der Zwischenzeit auf dem Laufenden bleiben möchte und 1000plus unterstützen will, kann hier Botschafter werden (das ist auch unabhängig von einer Spende möglich).
Wer 1000plus wie ich für finanziell unterstützenswert hält, kann hier spenden.
(Etwas Gutes hat die Sache aber vielleicht doch: es macht das Projekt 1000plus bekannter... auch in der Blogszene.)
Liebe Salome,
AntwortenLöschenvielen vielen Dank für diesen gut recherchierten und gut geschrieben Text!
Hoffen und beten wir, dass die Blindheit von den Verantwortlichen genommen wird.
Liebe Grüße
Rolf
Vielleicht sollten katholische Bischöfe viel weniger Macht haben? Vielleicht ist an einer freiheitlich verfassten Demokratie doch etwas dran, was die katholische Kirche mit ihrer strengen, steilen und starren Hierarchie nicht bieten kann?
AntwortenLöschenAber das würde ja bedeuten, dass nicht die katholische, sondern die evangelische Kirche, die ja laut "Dominus Jesus" eigentlich gar keine Kirche ist, ja nicht sein KANN, auf dem richtigen Weg?
Ich glaube nicht, dass eine Änderung der Grundordnung der Kirche dieses Problem lösen würde: auch eine gewählte Leitung wird hin und wieder Entscheidungen treffen, mit denen ich nicht einverstanden bin (der beste Beweis ist da ja wohl die Politik...).
LöschenAuch die Beschränkung der Macht der Leitung hilft hier meiner Ansicht nach nichts; schließlich haben die Bischöfe nur für den Bereich ihrer Zuständigkeit entschieden, und auch nur denen, über die sie weisungsbefugt sind, eine Vorschrift gemacht. Wenn man diese Art von Macht einschränken wollte, wären wir bald keine Organisation mehr, von 'Einheit' wäre auch nicht mehr viel zu spüren, denn jeder machte, was er wollte.
Auch, wenn ich mit dieser einzelnen Entscheidung über 1000plus nicht einverstanden bin, stehe ich doch ziemlich überzeugt hinter dem System. Und ja, das System erlaubt mir, gegen seine Entscheidungen zu protestieren, schließlich ist die Kirche keine Diktatur.
Man kann aus Anlass des absurden Angriffs auf 1000plus über vieles diskutieren und insbesondere über die Frage, welches Selbstverständnis Bistümer und Bischöfe haben.
AntwortenLöschenAber man sollte sich auf das wesentliche beschränken: 1000plus leistet wertvolle Hilfe für Frauen im Schwangerschaftskonflikt und ihre Kinder. 1000plus erreicht dabei Frauen, die von Caritas, SKF und Donum Vitae (ja!) nicht erreicht werden. Das ist ein gutes Werk und verdient die Rückendeckung der Bischöfe.
Von selber sind die Bischöfe nicht drauf gekommen. Da muss jemand absichtlich Ängste geschürt haben. Die Argumentation mit dem eigenen Beratungsangebot scheint mir vorgeschoben. Nur worum geht es wirklich? Der Kirche Mitspracherechte geben?
AntwortenLöschenDas Anliegen unterstütze ich ebenfalls. Leider kann ich nirgendwo tatsächliche Zahlen und den Umgang mit den Spenden von 1000plus finden. Auch ist mir nicht klar, welche Profession die sog. Berater haben?
AntwortenLöschenInsgesamt scheint mir die ganze Angelegenheit sehr polemisch. Einen Werbeauftritt habe ich letzten Sonntag erlebt. Womit bestreitet der "Chef" dieser Einrichtung seinen Lebensunterhalt? Unterm Strivch: Viele Fragen und wenig Antworten.