Die Kongregation für die Glaubenslehre stellt fest, dass die Kirche nicht die Vollmacht habe, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Wer die Erläuterungen dazu lesen möchte, kann das hier tun - ich werde mich im Folgenden auf einige Argumente daraus beziehen.
Nehmen wir kurz einmal an, dass das so stimmt, dann folgt logisch auch...
... dass Valentinstagsgottesdienste dringend zu untersagen sind, denn dort werden Paare gesegnet, ganz gleich welchen Standes. Nachdem die Glaubenskongregation argumentiert, es sei "nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen
Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt
außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau,
die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen", muss dies für jede Form von außerehelicher Beziehung gelten, nicht nur für gleichgeschlechtliche, und auch für diejenigen ehelichen Beziehungen, die ausdrücklich und prinzipiell nicht offen für die Lebensweitergabe, sprich für Kinder, sind. Ob ein gleichgeschlechtliches Paar tatsächlich Sex hat, wird hier nicht hinterfragt, sondern einfach vorausgesetzt - und ehrlich gesagt können wir das vermutlich realistisch auch für die allermeisten anderen Paare voraussetzen. Ich finde es trotzdem bezeichnend, dass das Thema Sex außerhalb der Ehe implizit weitaus sündhafter beurteilt wird, wenn ein Paar homosexuell ist, denn ansonsten wäre mein nächster Punkt kirchlich schon längst sanktioniert worden.
... dass Verlobungen aus eben genannter Argumentation heraus keinen kirchlichen Segen mehr erteilt bekommen dürfen - allerdings sieht das Benedictionale für eine Verlobung eine eigene Segensfeier vor. Können wir also streichen.
... dass Segnungen von Motorrädern, Traktoren, Schiffen und was-weiß-ich-noch-allem ok sind, wohingegen sie Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften "die Absicht zum Ausdruck bringen [würde], [...] einen Entschluss und eine Lebenspraxis zu billigen und zu fördern, die nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden können". Ist doch super, dass Fahrzeuge ganz offensichtlich objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet sind. Und falls ich mit meinem Zynismus doch falsch liegen sollte, streichen wir Fahrzeug-, Haustier- und sonstige Segnungen gleich auch.
... dass wir Menschen immer erst moralisch korrekt und sauber sein müssen, bevor wir uns Gottes Segen erhoffen können. Ja, ich weiß, der Segen einzelner homosexueller Menschen wird hier nicht verboten - aber ehrlich gesagt würde ich mir den Segen auch für Sünder erhoffen. Inwiefern der Sündenbegriff überhaupt für eine Veranlagung gelten kann, über die man nicht willentlich entscheidet, scheint mir sowieso äußerst zweifelhaft. Wenn er aber gelten könnte, wie ihn die Glaubenskongregation verwendet, so sind wir der eigentlich schon längst überkommenen Werkegerechtigkeit wieder einen Schritt näher: erst sauber, dann Segen. Nix mehr mit einem Gott, der uns entgegen- oder gar zuvorkommt.
Ok, ich überspitze hier natürlich etwas. Ich möchte wirklich nicht alles so heiß gegessen wissen, wie es aus Rom über die Alpen schwappt. Aber ich finde es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen. Meine größte Frage ist hier eigentlich, wieso hier Segnung automatisch gleichgesetzt wird mit Sakramentalie. Die gesamte Argumentationslinie ließe sich ohne diese Gleichsetzung nämlich nicht durchhalten. Aber die Angst vor einer Verwechslung mit dem Ehesakrament scheint hier dazu zu führen, dass man die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren lieber prophylaktisch verbietet anstatt hierfür Formen zu finden, die sowohl den kirchlichen Grundüberzeugungen als auch dem Bedürfnis der Menschen entgegenkommen.