Was für ein Wochenende!
Wir hatten uns geeinigt, am Kandi-Wochenende diesmal gemeinsam mit dem Kloster auf Zeit ein Wochenende zum Enneagramm zu machen.
Ich kannte das
Enneagramm zwar schon (ich habe mich im Grundstudium mal mit ein paar Freunden damit beschäftigt), war aber trotzdem gespannt, ob ich wirklich die Nummer bin, von der ich dachte, dass ich sie wäre, und was uns die Kursleiterin noch so alles erzählen würde, was ich vielleicht noch nicht wüsste.
Nunja, wer das Enneagramm kennt, wird schon merken, dass ich immer noch bin, wer ich dachte, dass ich wäre. Sonst hätte mich es im Vorfeld wohl nur halb so sehr gereizt, mein Wissen zu aktualisieren und zu erweitern... Typisch 5 eben. ;)
Ich stehe dem Enneagramm immer ein bisschen zwiespältig gegenüber:
Zum Einen fasziniert es mich total, Menschen in diesem System wiederzuerkennen, mich selbst zu entdecken und sowohl mich selbst als auch die Anderen besser verstehen zu lernen. Nebenbei bemerkt, fasziniert mich da nicht nur das Enneagramm, sondern auch andere psychologische Typenlehren wie z.B.
MBTI.
Zum Anderen schreckt es mich aber - wie ehrlich gesagt die meisten Systeme, die mit mentalen Schubladen arbeiten - etwas ab. Die Tendenz, Menschen einzuordnen und zu kategorisieren, widerstrebt mir, vielleicht auch gerade deshalb, weil ich eh schon immer gegen meine eigenen und gegen fremde Klischees kämpfe. Ich will mich nicht auf meine Nummer und das dazu passende Auftreten, die entsprechenden Neigungen und Verhaltensmuster einschränken (lassen).
Und was mich gerade am Enneagramm stört, ist die Überzeugung einiger Autoren, dass Jesus - anders als alle anderen Menschen - keinem der neun Typen entspricht, sondern alle in sich vereint. Da schreit doch irgendwie der heresy buster in mir, dass Jesus
ganz Mensch war. Und wenn ich alle anderen Menschen einordnen kann, dann muss ich auch Jesus einordnen können, denn wenn ich das nicht kann, dann ist entweder Jesu Menschsein unterschieden vom Menschsein der restlichen Menschen (cue heresy buster) oder aber das System des Enneagramms lässt sich nicht auf alle Menschen anwenden und ich kann es damit erst mal entsorgen. Irgendwie gehe ich schon davon aus, dass Jesus von allen Typen Anteile hatte (das ist ja auch das Ziel vom Enneagramm, denn es zielt immer auf die Entwicklung oder 'Integration' des Menschen, so dass man sich vom 'unerlösten' Dasein in Extremform hin zu einer integrierteren und 'erlösteren' oder gelösteren Form entwickelt, in denen man auch Anteile der anderen Typen annimmt und eben integriert), aber ich denke trotzdem, dass er sich - vorausgesetzt, das System Enneagramm taugt was - hätte einordnen können.
Was am Enneagramm-Wochenende aber das eigentlich Bemerkenswerte war, ist die Gruppe: ein bunt zusammengewürfelter Haufen junger Frauen, die sich teils schon kannten, sich teils noch völlig fremd waren, und die sich dieses Wochenende gegenseitig unglaublich bereichert haben. Nicht nur während der inhaltlichen Einheiten hatten wir sowohl intensive Momente wie auch Spaß. Wir konnten uns gegenseitig öffnen, sind zwischen den Einheiten spazieren gegangen, haben im Wohnzimmer gesessen und gesungen, haben Tee getrunken, sind gemeinsam in die Gebete... Ich hätte nicht gedacht, dass an einem einzigen Wochenende, das ja auch noch ziemlich voll war von inhaltlichen Zeiten, so eine schöne Gemeinschaft entstehen kann.
Nun, und um das Wochenende noch zu toppen, gab's am Sonntagnachmittag noch eine Kandi-Aufnahme, die so wunderschön und bewegend war, dass ich das Dauergrinsen immer noch im Gesicht habe und es noch gar nicht fassen kann, dass wir jetzt wirklich zu viert sind! :)))
Ein kleiner, aber lustiger Absturz war dann meine Rückkehr nach Hause, wo mich (ich weiß noch immer nicht, warum) Superman im Flur erwartete.
Er steht heute immer noch da, und wartet (hoffentlich) darauf, dass ihn jemand abholen kommt oder der Wind dreht, damit er selbst wegfliegen kann...