Donnerstag, 25. Juli 2013

Das Pinguin-Prinzip

Ein langes Telefonat mit einer Freundin später, die auch schon mal so 'n blödes Ding am Eierstock hatte, und ein paar Minuten auf Facebook, und die Welt ist erst mal in Ordnung. Wenn man über seine Ängste lachen kann, sind sie irgendwie gar nicht mehr so furchteinflößend. (Blödes Klischee, stimmt aber zumindest heute mal.)

Manchmal muss man sich eben bewusst machen, dass Ängste auch bloß die Folge eines Pinguins in der Großstadt sind, oder zumindest was mit ihm zu tun haben.





... und darum werde ich ein Pinguin. ;)


Mittwoch, 24. Juli 2013

Kleines Update

Heute habe ich meine Ärztin angerufen.

Sie ist immer noch sehr für eine OP, sieht aber ein, dass es vielleicht gut ist (zumindest für meine Psyche), wenn ich noch eine zweite Meinung einhole. Ich hab also gleich noch im Krankenhaus angerufen, wo ich mich ja eh vorstellen soll, und die haben gesagt, dass das kein Problem ist, und dass man die OP auch kurzfristig absagen oder verlegen kann. *uff*

Mal sehen, was daraus wird.

Jedenfalls geht's mir viel besser, nachdem ich mich entschieden habe, nicht einfach nur das Opfer der Pläne meiner Ärztin zu sein, sondern selbst zu entscheiden, ob, wenn, wie, wo und wann ich mich operieren lasse. Ich schätze mal, das macht meiner Ärztin und dem Krankenhaus deutlich mehr Arbeit, als wenn ich einfach brav täte, was sie sagen, aber da müssen die jetzt halt durch.
Abgesehen davon habe ich nach ausgiebiger Lektüre der verschiedensten Internetpublikationen herausgefunden, dass so eine Dermoidzyste nicht übermäßig akut gefährlich ist, und wenn, dann hat man solche Schmerzen, dass man von ganz alleine ins Krankenhaus düst (ist also nichts, was man aus Versehen verschleppen kann). Auch das macht mich etwas entspannter, und nimmt mir den Druck, jetzt sofort was tun zu müssen, was ich nicht will.

Tja, soviel für heute - es geht also zumindest psychisch wieder etwas bergauf.


(Ach ja, eine gute Freundin hat mich an Maria Knotenlöserin erinnert - das ist sicherlich auch keine schlechte Idee.)

Samstag, 20. Juli 2013

Angst

Ich glaub, ich pack das nicht.
Sobald ich mich nicht komplett ablenke, dreht mein Hirn hohl, und ich geh schier ein vor Angst. Soviel Ablenkung, wie ich grad bräuchte, geht gar nicht, vor allem deshalb nicht, weil ich dabei mein Hirn einfach ausschalten können müsste. Und sobald ich versuche, auf die nächste Ebene zu gelangen und mich selbst zu reflektieren, meldet sich diese unglaublich vernünftige Stimme, die sagt: "Entweder du bist total irrational in deiner Angst oder sie ist irgendwie begründet." Dass ich total irrational bin, halte ich zwar nicht für unmöglich, aber für ziemlich unwahrscheinlich. Angst ist selten komplett grundlos. Außerdem bin ich sonst nicht gerade bekannt dafür, irrational zu sein. Im Gegenteil.

Aber mal angenommen, ich wäre irrational. Dann müsste doch das Argument, das ich sonst so gerne verwende, gelten: Du hast nichts zu verlieren, schlimmer als es ist, kann es nicht werden. Leider ist genau dieses Argument der Beweis dafür, dass meine Angst nicht völlig irrational ist. Es kann nämlich schlimmer werden. Ich habe es mir nicht verkneifen können, weiter zu googeln, bis dahin, dass ich mir vorhin eine ganze Doktorarbeit zu dem Thema durchgelesen habe. Da findet man eine Menge über Operationsmethoden, ihre Risiken, Komplikationen, Nebenwirkungen und Konsequenzen. Und die sind alle schlimmer als es jetzt ist. Ich habe nämlich keinerlei erkennbare Symptome, keine Schmerzen, nichts. Es wird also auf jeden Fall schlimmer, egal ob alles gut geht oder nicht.
Also nehme ich mal an, meine Angst ist begründet.

Allerdings bin ich mir gar nicht so sicher, wovor ich genau solche Angst habe. Ich habe beim Googeln festgestellt, dass mir eine neue Operationsmethode weit weniger Angst macht, als die, die für mich geplant ist. Nicht, dass sie mir keine Angst machen würde... aber zumindest ein bisschen weniger. Was wohl auch daran liegt, dass sie im Nachhinein weit weniger Schmerzen verursachen soll. Ich habe also definitiv Angst vor Schmerzen (nichts Neues, schließlich hasse ich meinen Zahnarzt für das, was er mir antut). Aber da ist noch mehr. Ich habe auch gemerkt, dass ich beim Lesen die Abschnitte, die über bösartige Tumore gehen, nicht so ausführlich lese wie den Rest. Da ist also scheinbar auch Angst vor dem Sterben dabei.
Ich dachte immer, ich hätte keine Angst vor dem Tod. Ich glaube, das stimmt auch. Aber ich habe ganz offensichtlich Angst vor dem Sterben, d.h. vor dem Weg, der mit dem Tod endet, bzw. vor dem, was dieser Weg mit sich bringen könnte.
Und wovor ich auch noch Angst habe ist das Ausgeliefertsein. Ich kann plötzlich nicht mehr mitreden. Ich weiß zu wenig, und ich bin nicht objektiv in meiner Meinung (wie auch). Ich muss mir von Ärzten sagen lassen, was gut für mich ist, auch, wenn alles in mir laut Nein schreit. Und dann soll ich mich auch noch ganz körperlich ausliefern und mich bewusstlos anderen zum rumschnipseln anbieten. Vielen Dank auch.

Ich glaube, ich werde meine Ärztin anrufen, und ihr sagen, dass ich nicht will. Dass ich mindestens noch eine zweite Meinung brauche, und dass ich wissen will, welche Kliniken in der näheren oder weiteren Umgebung welche Operationsmethoden anwenden. Ich will, dass sie weiß, mit welchen Ängsten ich mich rumschlage. Und ich will wissen, was genau passieren würde, wenn ich mich nicht operieren ließe (dazu sagt das Internet nämlich leider gar nichts - es wird immer nur die übliche Behandlungsmethode angegeben, aber keine übermäßig detaillierte Beschreibung dessen, was passiert, wenn man dieser üblichen Behandlungsmethode nicht folgt).

Oh shit, ich glaube, ich entwickle mich gerade zum nervlichen Wrack.

Drüber reden ist leider auch keine wirkliche Lösung, denn was soll ich schon sagen außer: "Ich habe Angst." Bloggen hilft immerhin ein bisschen, weil ich mich dabei innerlich sortieren kann, auch, wenn das nicht lange anhält.
Und ja, beten hilft natürlich auch. Es ändert nichts daran, dass ich halb wahnsinnig werde vor Angst. Aber es erinnert mich immerhin daran, dass ich nicht alleine darin bin.

Donnerstag, 18. Juli 2013

Die Mutter aller Tage

Viel gemischter können Gefühle wohl kaum werden.

Ich war heute früh beim Frauenarzt wegen Verdacht auf eine Zyste. Zysten sind an sich nicht tragisch, also bin ich recht entspannt hin. Leider bin ich nicht halb so entspannt wieder heim - es gibt keinen Verdacht mehr auf eine normale Zyste, sondern die sehr hohe Wahrscheinlichkeit auf eine Dermoidzyste. Diese Dinger bilden sich nicht zurück und sind leider nicht ganz ungefährlich, so dass man das operieren muss.

Scheiße. Davor hab ich echt Angst. Und die Details machen mir noch viel mehr Angst. Ich weiß, ich bin ein Schmerzschisser, aber leider ändert dieses Wissen nichts an der Tatsache. Und Schmerzen scheinen bei der Sache vorprogrammiert. *Panik* Ich will nicht ich will nicht ich will nicht.

Ich meine, ich lebe hier alleine, muss mir also irgendwen suchen, der mich ins Krankenhaus fährt und ein paar Tage später wieder abholt, und am besten jemanden, der mich dort besucht, und bei dem ich rumheulen kann. *doom*

Und hab ich schon erwähnt, dass ich Angst hab? Ich will keine Narkose, ich will nicht aufgeschnitten werden, ich will keine Schmerzen, ich will kein Risiko, und ich will keine Details wissen (dafür ist es jetzt leider schon zu spät - ich hab's gegoogelt).
Das einzig halbwegs Positive an der Sache ist, dass Dermoidzysten zu 98% gutartig sind. Ach ja, sie heißen zwar Zysten, sind aber eigentlich Tumore. Vielen Dank auch. Und sie sind mir immer noch 2% zu bösartig. *Fluchtgedanken*


 Meine Ärztin wollte mich so schnell wie möglich ins Krankenhaus schicken. Zum Glück hab ich nochmal nachgefragt, warum so schnell, und ob das wirklich soooo dringend ist. Es hat sich dann herausgestellt, dass ich schon noch ein paar Wochen warten kann - also erst mal arbeiten, Geburtstag feiern, Urlaub. Und dann. Ich will gar nicht drüber nachdenken. Aber ich sollte bis dahin nicht Trampolin springen, nicht tanzen, nicht hüpfen und ruckartige Bewegungen vermeiden. Na gut, das sollte machbar sein.

Oh, und es könnte sein, dass der betroffene Eierstock dabei drauf geht. Shit. (Hm, komisch, dass mich das so beschäftigt. Ich entscheide mich, zölibatär zu leben, aber sobald es darum geht, eventuell keine Kinder kriegen zu können, wird es problematisch. Liegt wohl daran, dass das was mit meinem Frausein zu tun hat, und auch damit, dass mir da möglicherweise die Grundlage für eine freie Entscheidung genommen wird, und ich mich dann irgendwie gar nicht mehr entscheiden kann. Ich glaube, in diesem Bereich gibt es genügend Abgründe in meiner Seele, dass ich da vielleicht mal nen extra Post drüber schreibe...)

Zuhause wollte ich eigentlich gleich ins Büro, aber dafür war ich leider viel zu sehr durch den Wind. Ich hab mich also erst mal ans Klavier gesetzt und gespielt, um runter zu kommen, meine Gedanken zu sortieren, und ein bisschen zu beten.

Später bin ich dann doch noch ins Büro, wo ich nicht wirklich was zustande gebracht habe. Angst und leichte Panik sind einfach keine sehr hilfreichen Begleiter. Zum Glück musste ich nachmittags in die Schule, wo mich meine Schüler und vor allem meine Kollegen wunderbar abgelenkt und zum Lachen gebracht haben.

Abends war ich dann auf die Nachprimiz eines Freundes eingeladen. Auf dem Weg dahin waren die Angst und die Panik wieder sehr präsent - so sehr, dass ich beinahe einen Unfall gebaut hätte...
Mich hat die Kapelle, in der der Gottesdienst war, sehr angesprochen. Dort war vorne über dem Altar ein großes Kreuz an der Wand, unter dem eine leidende Maria stand mit einem Schwert durch die Brust. Da ist mir endlich wieder bewusst geworden, dass ich das nicht alleine durchmachen muss, dass es andere gibt, die mein Gebet brauchen, und dass Er und seine Mutter da sind und meine Angst kennen. Die Messe war wie eine langsame Erlösung: erst die Lesung, Mose vor dem brennenden Dornbusch. Gott ist der Ich-bin-da, das ist sowas von beruhigend. Auch, wenn er mein Ägypten erst mit Plagen schlagen muss, habe ich doch große Hoffnung, dass er auch das Schlimme zum Besten verwenden wird, und mich auf seine Weise ins gelobte Land führt. Dann das Evangelium, nehmt mein Joch auf euch, meine Last ist leicht, ich werde euch Ruhe verschaffen. Schon wieder so ein Versprechen, dass ich wirklich beim Wort nehmen will. Ich will und muss mich Ihm ganz überlassen, ganz loslassen. In dem Moment, wo ich das gedacht habe, ist so eine Last von mir abgefallen, dass ich's kaum fassen konnte. Und dann in der Predigt ging es nicht nur darum, ganz Ja zu sagen, sondern auch darum, dass wir als Christen die Aufgabe haben, Freude zu bringen, und nicht traurig und mürrisch durchs Leben gehen sollen. Tja, im ersten Moment dachte ich, der hat leicht reden, mir ist heute überhaupt nicht nach Freude zumute, aber dann wurde mir klar, dass es da um eine andere Freude geht. Keine oberflächliche Hampelei, sondern echte Freude, die aus dem Vertrauen entsteht, dass Er am Ende immer alles zum Guten wenden wird.


Ich sage mir mal wieder vor: Loslassen, loslassen. Das scheint gerade echt ein Thema zu sein. Meine Angst, meine Sorge loslassen, sehen und annehmen, was Er mir schenkt, und weitergehen in dem Vertrauen, dass Er mitgeht.

Ach ja: zum Schluss habe ich noch den schönsten und persönlichsten aller Primizsegen bekommen. :)
Beim anschließenden Zusammenstehen vor der Kapelle war dann irgendwann wirklich alles gut und sehr sehr schön - das Wetter, die Gespräche, einfach alles.

Jetzt geht es mir gut, ich bin auf eine eigenartige Weise glücklich, die viel tiefer geht als die Angst (die schon auch noch da ist, die mich aber zumindest momentan nicht mehr bestimmt). Es geht immer weiter, und immer mit Ihm, was brauche ich mehr.

Montag, 15. Juli 2013

Wie alles begann... oder: und darum gehe ich ins Kloster

Keine Ahnung, wann alles angefangen hat.

Klar, es gibt Punkte, an die ich mich gut erinnern kann, aber ich glaube nicht, dass die einfach aus dem Nichts kamen.

Aber bei einem bin ich mir sicher: es hat sehr früh angefangen.

Als ich 13 Jahre alt war, fand das Jugendtreffen der Brüder von Taizé in der Nähe statt. Irgendwie bin ich mit in die Vorbereitungsgruppe meiner Pfarrei reingerutscht, obwohl ich eigentlich noch viel zu jung war und überhaupt nicht wusste, was, wer oder wo Taizé war. Tja, aber die kleinen, improvisierten (und im Rückblick total unmusikalischen und chaotischen) Gebete unserer Vorbereitungsgruppe im Stil von Taizé (oder eben dem, was wir für den Stil von Taizé hielten) haben mich auf eine seltsame Art fasziniert. Diese seltsame Faszination war groß genug, dass ich mir mit meinen 13 Jahren ein Teilnehmerticket für das Jugendtreffen besorgen ließ (quasi illegal, schließlich war ich noch zu jung) und jeden Tag mit der S-Bahn in die Stadt fuhr, mich alleine unter Tausende junger Menschen mischte, von denen die wenigsten Deutsch konnten. Irgendwie fand ich immer Anschluss und konnte mich verständigen - beides ist im Nachhinein ziemlich erstaunlich, war ich doch mehr als zurückhaltend und meine Fremdsprachenkenntnisse noch sehr rudimentär. In einem Abendgebet hatte ich meine erste bewusste... ja, was eigentlich? Heute würde ich so etwas eine Gotteserfahrung nennen. Damals kannte ich diesen Begriff noch nicht und hätte ihn sicherlich auch für viel zu abgehoben gehalten. In der langen Stille im Gebet hatte ich plötzlich das Gefühl, innerlich zu fallen, zusammen mit der Sicherheit, dass es gut so ist, und dass mir nichts passieren kann und gleichzeitig gerade alles passiert. So eine Mischung aus Euphorie und totaler Ruhe und Frieden. Glück. Und mir war sofort klar, dass das Gott ist, dass das nicht aus mir selber kommt, und dass das auch keine Einbildung ist.


Naja, Taizé hatte es mir seither angetan. Ein paar Monate später bin ich zum ersten Mal hingefahren (mit gefälschtem Geburtsjahr auf der Anmeldung...), und seither immer wieder. Mittlerweile merke ich, dass ich aus Taizé 'herausgewachsen' bin, fahre aber immer noch gerne hin, wenn ich Jugendliche mitnehmen kann. Bei diesen Jugendlichen sehe ich immer wieder fasziniert zu, wie es ihnen geht wie mir damals, wie sie etwas entdecken, das sie nicht mehr los lässt, wie sie plötzlich ankommen.

Mit 15 Jahren war ich dann zum ersten Mal in 'meinem' Kloster. Es war bei einem großen Jugendfest, zu dem mich unser damaliger Gemeindereferent mitgenommen hatte. Wieder einmal war ich alleine unterwegs unter vielen Jugendlichen. Das Gefühl war aber dieses Mal ein ganz anderes. Ich konnte nicht mehr aufhören, die Schwestern anzuschauen. Ich war total gefesselt von diesen Frauen, von dem, was sie ausstrahlten, von dem, wie sie aussahen, von ihrer Art, miteinander und mit Anderen umzugehen. Auf dem Heimweg ging mir der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, 'so will ich auch sein'.

Seither hat mich der Gedanke nie mehr ganz losgelassen. Kloster, das ist doch total bescheuert und alles andere als normal. Aber es zieht mich einfach hin.
Ich war in meiner Schulzeit dann fast in jeden Ferien im Kloster.



Anfang des Studiums habe ich bei sogenannten Schulmissionen mitgearbeitet. Schulmissionen, das heißt, dass sich ein Team von Ordensleuten und anderen jungen Menschen auf den Weg in eine Schule macht, um mit dieser Schule eine Woche oder zumindest ein paar Tage zu leben und gemeinsam im Glauben zu gestalten.
Bei einer dieser Schulmissionen waren zwei junge Franziskaner aus Österreich dabei, von denen mir einer zum Abschied sagte: "Weißt du, immer wenn ich dich diese Woche gesehen habe, musste ich an den reichen Jüngling denken, zu dem Jeusus sagt: 'Eines aber fehlt dir noch zum Heil.'"
Mit diesem Satz ließ er mich stehen.

Als ordentliche Theologiestudentin wusste ich natürlich, wie die Geschichte weitergeht. Jesus sagt zu dem Jüngling weiter: "Geh hin, verkauf alles was du hast und gib das Geld den Armen. Dann komm und folge mir nach."

Tja.
Da stand ich also.
Mit 21 Jahren und gerade im Studium angekommen.
Und dann sowas.

Klar hab ich das erst mal ignoriert. Ich meine, was soll denn das. Und was wollte mir der Franziskaner damit überhaupt sagen. Und sowieso. Erst mal das Studium fertig machen.
Aber ja klar, sowas vergisst man nicht einfach. Das verfolgt einen richtiggehend. Und deshalb bin ich innerlich erst mal weggelaufen. Kloster war weit weg, oder zumindest hatte es mal nichts mit meinem momentanen Leben zu tun. Darüber mache ich mir Gedanken, wenn die Zeit reif ist (falls überhaupt).


Nach dem Studium bin ich erst mal wieder nach England, wo ich am liebsten geblieben wäre. Leider kamen die Wirtschaftskrise und ein paar andere Kleinigkeiten zusammen, so dass unser Büro in Leeds schließen musste und ich arbeitslos war. Zum Glück hatte ich schon die Zusage, in Deutschland als Pastoralassistentin anfangen zu können (was ich absolut nicht wollte). Mangels Alternativen bin ich also wieder zurück gekommen und habe diesen Job angefangen, der so gar nicht meiner war (ein paar kleinere 'rants', die einen Eindruck von meiner Unzufriedenheit geben, findet man auf meinem alten Blog).

Zum Glück habe ich mich nach den drei Jahren Assistenzzeit so langsam an den Job gewöhnt... Zumindest mal gut genug, dass ich ihn mittlerweile wirklich gerne mache und hier gar nicht mehr weg will (nur fürs Noviziat natürlich). ;)

Aber ich vergesse da was Wichtiges. Als die Assistenzzeit ihrem Ende zuging, war Stellensuche angesagt. Die Auswahl war groß, die Stellenbeschreibungen meistens ziemlich diffus. Also habe ich mich auf die Suche gemacht, und mir gleich mal etwa 10 Stellen in der ganzen Diözese ausgesucht, die ich anschauen wollte. Zwei davon lagen ziemlich weit im Süden, jeweils über zwei Stunden Fahrtzeit für eine Strecke, und ich hatte mit den dortigen Teams Termine an zwei aufeinanderfolgenden Tagen vereinbart.
Weil ich nicht zweimal die komplette Strecke rauf und runter fahren wollte, dachte ich mir, ich übernachte irgendwo in der Gegend, und was liegt da näher (im wahrsten Sinne des Wortes) als mein Kloster.
Nachdem ich die erste Stelle besichtigt hatte, wusste ich schon sicher, dass ich mich auf sie bewerben würde - so gut war das Treffen mit dem Team verlaufen. Also fuhr ich etwas überdreht, aber sehr erleichtert weiter ins Kloster. Im Jahr davor hatte ich dort schon Exerzitien gemacht, in denen ich mich immer wieder gefragt hatte, ob das überhaupt der richtige Job für mich ist und ob ich nicht was völlig anderes machen sollte. Die Schwester, die mich damals begleitet hatte, hatte mich gefragt, ob ich mir sicher sei, ob meine Unzufriedenheit wirklich an meinem Job liegt, und nicht vielleicht eher daran, dass ich für mich noch die Frage der Lebensform klären muss. Genau diese Schwester empfing mich an dem Nachmittag nach meiner Stellenbesichtigung. Aus irgendeiner Laune heraus sagte ich ihr, dass ich glaube, dass sie im Jahr davor Recht hatte, und dass es vielleicht schon um das Thema Lebensform ginge.



 
     +++ Kleiner Exkurs: Wenige Wochen vorher war eine Freundin von mir an Krebs gestorben, die ich seit ihrer Diagnose ein Jahr vorher viel besucht und irgendwie auch begleitet hatte. Diese Freundin kannte ich ursprünglich aus dem Kloster, wo sie Novizin gewesen war, als ich sie kennenlernte. Jahre später fand ich sie über meine Arbeit wieder, als sie schon lange ausgetreten war (keine schöne Geschichte). In dem Jahr bis zu ihrem Tod haben wir viel über ihre Zeit im Kloster geredet, über den Tod, über Versöhnung, über das Sterben an sich und darüber, wofür es sich lohnt zu leben. Nach ihrem Tod hatte ich plötzlich das Gefühl, dass die Zeit reif war. Ich wusste nicht genau, wofür, aber ich hatte so ein Gefühl, dass sich irgendetwas grundlegend verändern müsste, und es einen Schritt weiter gehen müsste. Aber ich wusste eben nicht, worauf sich dieses Gefühl bezog, und was für ein Schritt das sein sollte. +++


Ich verbrachte also die Nacht im Kloster, und bot am nächsten Morgen meine Mithilfe an, nachdem mein nächster Termin erst am Nachmittag sein würde. Meine Aufgabe für den Vormittag war dann, Kärtchen mit Bibelworten zu schneiden (es gibt in der Kapelle eine kleine Holzkiste, aus der sich jeder, der möchte, ein Wort mitnehmen kann). Die Bibelworte selbst waren schon vorgedruckt, und ich sollte sie nun mit Hilfe von Lineal, Brettchen und Messer ordentlich auseinander schneiden. Ich saß also alleine am Tisch, vor mir zwei dicke Stapel Papier, und arbeitete mich langsam durch die Worte. Nebenher las ich natürlich, was ich da schnitt. Das oberste Blatt auf dem zweiten Stapel lag verkehrtherum, und eines der Worte fiel mir ins Auge. Ich konnte es nicht sofort lesen (die Schrift war ja auf dem Kopf und ich schnitt nebenher ja noch Papier). Aber es ließ mich nicht mehr los, bis ich es gelesen hatte - und dann erst recht nicht mehr.
Darauf stand: "Jesus Christus spricht: Habt Vertrauen. Ich bin es. Fürchtet euch nicht."

Und plötzlich war mir klar: ich habe mich schon längst entschieden. Und ich brauche keine Angst mehr vor dem Schritt dorthin zu haben. Denn was kann schon passieren, wenn Er es ist, der dort auf mich wartet?!

Ein Gespräch später fuhr ich grinsend und glücklich weiter.



Tja... the rest is history as they say... mittlerweile bin ich Kandidatin (heute vor einem Jahr war meine offizielle Aufnahme in die Gemeinschaft) und hoffe, bald ins Noviziat zu dürfen.



Ach ja: und darum gehe ich ins Kloster. :)


Freitag, 12. Juli 2013

Und warum eigentlich nicht?

Goodness me, bin ich platt. Nicht etwa, weil viel los war (heute war echt ok), sondern eher, weil der Abend so schön war.

Letzten Samstag war Priesterweihe (wo ich nicht war, weil ich stattdessen auf Kandiwochenende mit Erstprofess war) von 10 mehr oder weniger jungen Männern. Mit den meisten von ihnen habe ich zumindest teilweise zusammen studiert oder kenne sie aus sonst einem Kontext. Und heute Abend waren zwei von ihnen in der Messe und haben anschließend noch den Primizsegen gespendet. Ich hab kurzfristig in der Band den Job des Eierrasslers übernommen und daher eine super Sicht auf die beiden Jungs gehabt, und hab sie während der Messe immer wieder angeschaut und mit Gedanken über die Priesterweihe gemacht.


Das ist schon verrückt, da kennt man die Leute teilweise schon seit 10 Jahren, und plötzlich sind sie geweiht, und damit in ihrem Wesen verändert. Ich hab mir kurz überlegt, ob das nicht was an meiner Freundschaft mit den Jungs ändert, aber das ist natürlich Quatsch. Sie sind immer noch die gleichen Leute. Aber irgendwie ist es auch kein Quatsch, schließlich haben sie jetzt wirklich und endgültig ihr Leben Gott geschenkt. Das ändert alles - zum Besseren! Mir ist heute mal wieder bewusst geworden, wie sehr mich Jesus durch die Augen anderer Menschen anschauen kann.Wie sehr ich auf diese Menschen angewiesen bin, dass sie ihn zu mir bringen und mich immer wieder an ihn erinnern. Dass ich ihm nicht alleine nachfolgen kann, nur in Gemeinschaft. Und dass ich diese Männer sehr bewundere für diesen Schritt, und auch ein bisschen beneide, weil sie es gewagt haben, sich wirklich ganz und gar in seine Hände zu legen, und ich das doch auch so gerne möchte (ja, es wäre wirklich schön, wenn ich bald ins Noviziat könnte).

Und dann habe ich mich einfach mit hinein nehmen lassen in dieses seltsame Geschehen, in dem Gott sich in Menschen auf den Weg zu uns macht, sich uns schenkt, uns nahe ist.

Wie viel schöner ist die Freundschaft mit den Jungs geworden, jetzt, wo Gott definitiv immer mit dabei ist! (Klar war er vorher auch schon dabei, aber jetzt ist er das auch noch auf eine wirklich besondere Weise, und für mich irgendwie leichter spürbar und erkennbar.)

Ganz ehrlich: das ist mir jeden Verzicht und jedes Gelübde wert, wenn ich dafür ganz und gar mit und für Gott leben kann, denn was für ein Verzicht kann das sein, wenn ich dafür alles geschenkt bekomme!

... und darum gehe ich ins Kloster.

Dienstag, 2. Juli 2013

To Jesse

Dear Jesse,

happy birthday!

There's nothing I could wish for you - you've got it all. A wonderful loving mum, a dad who couldn't miss you more, a little brother or sister who is with you now at the best place to be, enwrapped in God's infinite love.

Even though I know you're well and happy as can be it's still very sad not to have you here. I don't think we would have met (since I've never even met your parents) but it would have given such joy to your parents if you could have stayed. It must be heartbreaking to be a parent but not to get the chance to act as one. I don't want to elaborate on the details - sketching a pain which isn't mine probably won't do any good to anyone.

I'm writing this short letter because it tears me apart to see your parents suffer, because I know there are many more like them and because I think it's about time to acknowledge you and all those millions of children who were never born.

I hope and pray that - one way or another - one day you and Sam will have another little brother or sister who will stay with your parents.


They won't forget you. No matter what: you are loved.

xxx