Samstag, 20. Juli 2013

Angst

Ich glaub, ich pack das nicht.
Sobald ich mich nicht komplett ablenke, dreht mein Hirn hohl, und ich geh schier ein vor Angst. Soviel Ablenkung, wie ich grad bräuchte, geht gar nicht, vor allem deshalb nicht, weil ich dabei mein Hirn einfach ausschalten können müsste. Und sobald ich versuche, auf die nächste Ebene zu gelangen und mich selbst zu reflektieren, meldet sich diese unglaublich vernünftige Stimme, die sagt: "Entweder du bist total irrational in deiner Angst oder sie ist irgendwie begründet." Dass ich total irrational bin, halte ich zwar nicht für unmöglich, aber für ziemlich unwahrscheinlich. Angst ist selten komplett grundlos. Außerdem bin ich sonst nicht gerade bekannt dafür, irrational zu sein. Im Gegenteil.

Aber mal angenommen, ich wäre irrational. Dann müsste doch das Argument, das ich sonst so gerne verwende, gelten: Du hast nichts zu verlieren, schlimmer als es ist, kann es nicht werden. Leider ist genau dieses Argument der Beweis dafür, dass meine Angst nicht völlig irrational ist. Es kann nämlich schlimmer werden. Ich habe es mir nicht verkneifen können, weiter zu googeln, bis dahin, dass ich mir vorhin eine ganze Doktorarbeit zu dem Thema durchgelesen habe. Da findet man eine Menge über Operationsmethoden, ihre Risiken, Komplikationen, Nebenwirkungen und Konsequenzen. Und die sind alle schlimmer als es jetzt ist. Ich habe nämlich keinerlei erkennbare Symptome, keine Schmerzen, nichts. Es wird also auf jeden Fall schlimmer, egal ob alles gut geht oder nicht.
Also nehme ich mal an, meine Angst ist begründet.

Allerdings bin ich mir gar nicht so sicher, wovor ich genau solche Angst habe. Ich habe beim Googeln festgestellt, dass mir eine neue Operationsmethode weit weniger Angst macht, als die, die für mich geplant ist. Nicht, dass sie mir keine Angst machen würde... aber zumindest ein bisschen weniger. Was wohl auch daran liegt, dass sie im Nachhinein weit weniger Schmerzen verursachen soll. Ich habe also definitiv Angst vor Schmerzen (nichts Neues, schließlich hasse ich meinen Zahnarzt für das, was er mir antut). Aber da ist noch mehr. Ich habe auch gemerkt, dass ich beim Lesen die Abschnitte, die über bösartige Tumore gehen, nicht so ausführlich lese wie den Rest. Da ist also scheinbar auch Angst vor dem Sterben dabei.
Ich dachte immer, ich hätte keine Angst vor dem Tod. Ich glaube, das stimmt auch. Aber ich habe ganz offensichtlich Angst vor dem Sterben, d.h. vor dem Weg, der mit dem Tod endet, bzw. vor dem, was dieser Weg mit sich bringen könnte.
Und wovor ich auch noch Angst habe ist das Ausgeliefertsein. Ich kann plötzlich nicht mehr mitreden. Ich weiß zu wenig, und ich bin nicht objektiv in meiner Meinung (wie auch). Ich muss mir von Ärzten sagen lassen, was gut für mich ist, auch, wenn alles in mir laut Nein schreit. Und dann soll ich mich auch noch ganz körperlich ausliefern und mich bewusstlos anderen zum rumschnipseln anbieten. Vielen Dank auch.

Ich glaube, ich werde meine Ärztin anrufen, und ihr sagen, dass ich nicht will. Dass ich mindestens noch eine zweite Meinung brauche, und dass ich wissen will, welche Kliniken in der näheren oder weiteren Umgebung welche Operationsmethoden anwenden. Ich will, dass sie weiß, mit welchen Ängsten ich mich rumschlage. Und ich will wissen, was genau passieren würde, wenn ich mich nicht operieren ließe (dazu sagt das Internet nämlich leider gar nichts - es wird immer nur die übliche Behandlungsmethode angegeben, aber keine übermäßig detaillierte Beschreibung dessen, was passiert, wenn man dieser üblichen Behandlungsmethode nicht folgt).

Oh shit, ich glaube, ich entwickle mich gerade zum nervlichen Wrack.

Drüber reden ist leider auch keine wirkliche Lösung, denn was soll ich schon sagen außer: "Ich habe Angst." Bloggen hilft immerhin ein bisschen, weil ich mich dabei innerlich sortieren kann, auch, wenn das nicht lange anhält.
Und ja, beten hilft natürlich auch. Es ändert nichts daran, dass ich halb wahnsinnig werde vor Angst. Aber es erinnert mich immerhin daran, dass ich nicht alleine darin bin.

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